Wahlkampf-Wirrwarr: Wird Flüchtlingsheim gebaut – oder reine Stimmungsmache?

FDP stößt Diskussion zur Grünfläche Hofstraße an – andere Parteien widersprechen – Was wurde wirklich beschlossen?

Der Kommunalwahlkampf 2025 verläuft in Hilden relativ unspektakulär. Jedoch sorgt plötzlich ein Thema für Diskussionen und Aufregung, das eigentlich schon als abgehakt galt: das geplante Flüchtlingsheim auf dem grünen Acker an der Hofstraße. Der FDP-Bürgermeisterkandidat Rudolf Joseph glaubt, dass dieses Vorhaben bald wieder zur Entscheidung steht. In einem Reel auf Social Media erklärt er, was er an dem Projekt kritisiert und schlägt eine Alternative vor – und stößt damit bei den anderen Parteien auf Unverständnis.

Dabei werden auch so manche Tatsachenbehauptungen herumgereicht. Wir versuchen den Sachverhalt einmal zu sortieren.

 

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Worum geht es?

Die Stadtverwaltung hatte den Neubau eines Flüchtlingsheims (für über 9 Millionen Euro) in einer Zeit vorgeschlagen, als ihr noch verhältnismäßig viele Schutzsuchende zugewiesen wurden (das sucht sich eine Verwaltung nicht selber aus). Was viel Menschen erzürnte, und nun der liberale Spitzenkandidat wieder aufgreift: der Bau soll auf einer der letzten freien Grünflächen von Hilden entstehen. Als „Irrsinn“ bezeichnet Joseph dieses Vorhaben und diese Planung an diesem Standort in seinem Wahlkampfvideo.

 

Als Alternative schlägt er vor, die bestehende Flüchtlingsunterkunft an der Herderstraße (die Nutzungsdauer soll im April 2027 ablaufen) „für kleines Budget zu renovieren, menschenwürdig herzurichten und bei Bedarf aufzustocken, damit sich die Menschen hier wohlfühlen“, so Joseph. Das sei „besser“ als Container aufzustellen.

 

Zum Schluss stellt er die These auf: „Wer die Grünen, CDU oder SPD wählt, wird sehen, dass das Bauvorhaben nach der Kommunalwahl fortgeführt wird“.

Ähnlich macht auch die AfD auf ihren Wahlplakaten Stimmung gegen den Standort Hofstraße – und suggeriert damit, dass der Bau kurz bevor steht.

 

Die CDU reagierte mit einem eigenen Statement und hält die Aussagen von „einigen Parteien und Wählergruppen“ (Ross und Reiter werden dabei nicht genannt) für „populistisch“; es werde „ohne jede Hemmung mit Halb- und Unwahrheiten gearbeitet“.

Und außerdem: Das Projekt sei überhaupt „nicht beschlossen“.

 

Was ist nun richtig?

 

Was hat der Rat (nicht) beschlossen?

Zunächst erkundigen wir uns im Hildener Rathaus nach der objektiven Sachlage.

Die Auskunft: Am 9. November 2023 hat der Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz beraten, ob die Planung für den Neubau einer Unterkunft auf dem Grundstück Hofstraße 98 „konkretisiert“ werden soll (Sitzungsvorlage WP 20-25 SV 26/048).
E
rgebnis (s. Protokoll): Zwölf Ja-Stimmen, eine Nein-Stimme der AfD und zwei Enthaltungen von FDP und Bürgeraktion.

 

Am 29. November 2023 bestätigte der Ausschuss für Finanzen und Beteiligungen den Beschluss, mit 13 Ja-Stimmen (CDU, SPD, Grüne und Bürgeraktion) und zwei Nein-Stimmen von FDP und AfD, s. Protokoll.

 

Am 22. November 2023 hat außerdem der Stadrat entschieden, zusätzlich 500.000 Euro für die Fortsetzung der Planung bereitzustellen. Dabei gab es vier Nein-Stimmen von AfD und dem Einzelratsmitglied Werner Erbe sowie drei Enthaltungen der FDP, s. Protokoll.
A
uf diese Beschlüsse beruft sich nun der FDP-Kandidat Rudolf Joseph.

 

Im September 2024 aber folgte eine überraschende Kehrtwende: Der Finanzausschuss und der Stadtrat sollten über die Freigabe der Finanzmittel entscheiden. Doch dann hat Bürgermeister Claus Pommer die Beschlussvorlage – vorerst – zurück gezogen, weil die Flüchtlingszahlen wieder schrumpften (Protokoll).

 

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Die CDU sagt nun, dass dies auf ihre Initiative hin geschah: „Unsere Überlegung, auch mit den vor der Ratssitzung schon bundesweit erkennbaren, tendenziell rückläufigen Flüchtlingszahlen, sowie in Kenntnis der immer weiter ausufernden Kosten des Projektes, hat die CDU-Fraktion veranlasst, Anfang September 2024 das Gespräch mit unserem Bürgermeister zu suchen. Wir haben im Angesicht sich verändernder Vorzeichen noch einmal über die grundsätzliche Sinnhaftigkeit eines Neubaus und die sich daraus auch ergebenden hohen wirtschaftlichen Risiken gesprochen.“

 

Heißt für die CDU nun: „Somit ist also vom Rat der Stadt kein Beschluss zum Bau eines Flüchtlingsheims getroffen worden, wie so manche Parteien den Bürgern bewusst in populistischer Manier nun weismachen möchten.“

Doch damit sei das Thema noch lange nicht vom Tisch, hält Joseph dagegen, denn: die vorherigen Beschlüsse zur Planung aus dem Jahr 2023 „haben immer noch Bestand“.

 

Somit haben also beide Seiten irgendwie Recht.

 

Doch was passiert nun wirklich mit den „auf Eis gelegten“ Plänen, wie es Joseph ausdrückt?

 

Wird das Heim nun nach der Wahl gebaut oder nicht?

Die Stadt Hilden erklärt auf unsere Anfrage: „Eine Fortsetzung des Projekts steht zurzeit nicht im Raum. Voraussetzung für eine Wiederaufnahme wäre, dass der Rat in den kommenden Haushalten Finanzmittel bereitstellt.“

Würden das die damaligen Befürworter auch tun, wie Joseph behauptet?

 

Die SPD antwortet auf Anfrage: „Die Hofstraße war damals richtig – weil die Zahlen es erfordert haben. Heute sind die Zahlen andere, also bewerten wir die Situation neu. Das ist aus unserer Sicht verantwortungsvolle und ehrliche Politik – und aktuell steht eine Umsetzung des Projekts absolut nicht zur Debatte.“

 

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Hartmut Toska, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, erklärt uns: „Im Moment wird dieses Thema nicht diskutiert, weil die Zuwanderung zur Zeit rückläufig ist – aber die gesamte Flüchtlingssituation wird natürlich weiter beobachtet. Sollte sie sich ändern, müssen wir wieder neu darüber nachdenken, wo wir die Geflüchteten sinnvoll unterbringen. Ob an der Hofstraße oder einem anderen Standort, wird sich dann zeigen. Zu unserem Bedauern will die FDP mit ihrem Bürgermeisterkandidaten von den neutralen Fakten ablenken, um die Stadtgesellschaft zu verunsichern.“

Er erinnert außerdem daran, dass der Neubau nachhaltig später für Obdachlose oder den sozialen Wohnungsbau nutzbar“ sein könnte.

 

Die CDU stellt klar: „Für unsere Fraktion wird es keine Weiterführung des Projektes Flüchtlingsunterkunft Hofstr. auf Basis der heutigen Flüchtlingsentwicklung geben.“

  

Bericht: Achim Kaemmerer

Archivfoto: anzeiger24.de / Illustration: Stadt Hilden

 

Weitere Nachrichten aus Hilden gibt es unter www.anzeiger24.de/hilden/news/

 


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Wir versuchen den Sachverhalt einmal zu sortieren. Worum geht es? Die Stadtverwaltung hatte den Neubau eines Flüchtlingsheims (für über 9 Millionen Euro) in einer Zeit vorgeschlagen, als ihr noch verhältnismäßig viele Schutzsuchende zugewiesen wurden (das sucht sich eine Verwaltung nicht selber aus). Was viel Menschen erzürnte , und nun der liberale Spitzenkandidat wieder aufgreift: der Bau soll auf einer der letzten freien Grünflächen von Hilden entstehen. Als „Irrsinn“ bezeichnet Joseph dieses Vorhaben und diese Planung an diesem Standort in seinem Wahlkampfvideo . Als Alternative schl ägt er vor, die bestehende Flüchtlingsunterkunft an der Herderstraße (die Nutzungsdauer soll im April 2027 ablaufen) „f ür kleines Budget zu renovieren, menschenwürdig herzurichten und bei Bedarf aufzustocken , damit sich die Menschen hier wohlfühlen“, so Joseph. Das sei „besser“ als Container aufzustellen. Zum Schluss stellt er die These auf: „Wer die Gr ünen, CDU oder SPD wählt , wird sehen, dass das Bauvorhaben nach der Kommunalwahl fortgeführt wird“. Ähnlich macht auch die AfD auf ihren Wahlplakaten Stimmung gegen den Standort Hofstraße – und suggeriert damit, dass der Bau kurz bevor steht. Die CDU reagierte mit einem eigenen Statement und h ält die Aussagen von „einigen Parteien und W ählergruppen“ (Ross und Reiter werden dabei nicht genannt) für „populistisch“ ; es werde „ohne jede Hemmung mit Halb- und Unwahrheiten gearbeitet“. Und au ßerdem: Das Projekt sei überhaupt „nicht beschlossen“ . Was ist nun richtig ? Was hat der Rat (nicht) beschlossen? Zun ächst erkundigen wir uns im Hildener Rathaus nach der objektiven Sachlage. Die Auskunft: Am 9. November 2023 hat der Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz beraten, ob die Planung für den Neubau einer Unterkunft auf dem Grundstück Hofstraße 98 „konkretisiert“ werden soll ( Sitzungsvorlage WP 20-25 SV 26/048 ). E rgebnis (s. Protokoll ): Zw ölf Ja-Stimmen , eine Nein-Stimme der AfD und zwei Enthaltungen von FDP und Bürgeraktion. Am 29. November 2023 bestätigte der Ausschuss für Finanzen und Beteiligungen den Beschluss, mit 13 Ja-Stimmen (CDU, SPD, Grüne und Bürgeraktion) und zwei Nein-Stimmen von FDP und AfD , s. Protokoll . Am 22. November 2023 hat außerdem der Stadrat entschieden, zusätzlich 500.000 Euro für die Fortsetzung der Planung bereitzustellen. Dabei gab es vier Nein-Stimmen von AfD und dem Einzelratsmitglied Werner Erbe sowie drei Enthaltungen der FDP , s. Protokoll . A uf diese Beschlüsse beruft sich nun der FDP-Kandidat Rudolf Joseph. Im September 2024 aber folgte eine überraschende Kehrtwende : Der Finanzausschuss und der Stadtrat sollten über die Freigabe der Finanzmittel entscheiden. Doch dann hat Bürgermeister Claus Pommer die Beschlussvorlage – vorerst – zur ück gezogen , weil die Flüchtlingszahlen wieder schrumpften ( Protokoll ). Die CDU sagt nun, dass dies auf ihre Initiative hin geschah: „Unsere Überlegung, auch mit den vor der Ratssitzung schon bundesweit erkennbaren, tendenziell rückläufigen Flüchtlingszahlen , sowie in Kenntnis der immer weiter ausufernden Kosten des Projektes, hat die CDU-Fraktion veranlasst, Anfang September 2024 das Gespräch mit unserem Bürgermeister zu suchen. Wir haben im Angesicht sich verändernder Vorzeichen noch einmal über die grundsätzliche Sinnhaftigkeit eines Neubaus und die sich daraus auch ergebenden hohen wirtschaftlichen Risiken gesprochen.“ Heißt für die CDU nun: „Somit ist also vom Rat der Stadt kein Beschluss zum Bau eines Fl üchtlingsheims getroffen worden, wie so manche Parteien den Bürgern bewusst in populistischer Manier nun weismachen möchten.“ Doch damit sei das Thema noch lange nicht vom Tisch , hält Joseph dagegen, denn: die vorherigen Beschlüsse zur Planung aus dem Jahr 2023 „haben immer noch Bestand “. Somit haben also beide Seiten irgendwie Recht . Doch was passiert nun wirklich mit den „auf Eis gelegten“ Pl änen, wie es Joseph ausdrückt? Wird das Heim nun nach der Wahl gebaut oder nicht? Die Stadt Hilden erklärt auf unsere Anfrage: „Eine Fortsetzung des Projekts steht zurzeit nicht im Raum . Voraussetzung f ür eine Wiederaufnahme wäre, dass der Rat in den kommenden Haushalten Finanzmittel bereitstellt.“ Würden das die damaligen Befürworter auch tun , wie Joseph behauptet? Die SPD antwortet auf Anfrage: „Die Hofstra ße war damals richtig – weil die Zahlen es erfordert haben. Heute sind die Zahlen andere , also bewerten wir die Situation neu . Das ist aus unserer Sicht verantwortungsvolle und ehrliche Politik – und aktuell steht eine Umsetzung des Projekts absolut nicht zur Debatte .“ Hartmut Toska , Fraktionsvorsitzender von B ündnis 90/Die Grünen , erklärt uns: „Im Moment wird dieses Thema nicht diskutiert , weil die Zuwanderung zur Zeit r ückläufig ist – aber die gesamte Fl üchtlingssituation wird natürlich weiter beobachtet . Sollte sie sich ändern , müssen wir wieder neu darüber nachdenken , wo wir die Geflüchteten sinnvoll unterbringen. Ob an der Hofstraße oder einem anderen Standort , wird sich dann zeigen. Zu unserem Bedauern will die FDP mit ihrem Bürgermeisterkandidaten von den neutralen Fakten ablenken , um die Stadtgesellschaft zu verunsichern .“ Er erinnert außerdem daran, dass der Neubau nachhaltig „ sp äter für Obdachlose oder den sozialen Wohnungsbau nutzbar“ sein könnte. Die CDU stellt klar: „Für unsere Fraktion wird es keine Weiterführung des Projektes Flüchtlingsunterkunft Hofstr. auf Basis der heutigen Flüchtlingsentwicklung geben.“ Bericht: Achim Kaemmerer Archivfoto: anzeiger24.de / Illustration: Stadt Hilden Weitere Nachrichten aus Hilden gibt es unter www.anzeiger24.de/hilden/news/ Ihr wollt uns Eure Meinung sagen? Gerne per Mail an [email protected] oder als Kommentar bei Facebook . 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Quelle: Originalartikel

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